Di–So 11:00–18:00

Hasemauer 1, Osnabrück

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The Glittering Cloud

06.11.21 – 27.02.22

Ausstellung

Candice Lin

Die Künstlerin Candice Lin lebt in Los Angeles. In ihrer Arbeit zeigt sie: Die Kolonialgeschichte* wirkt bis heute in vielen Bereichen nach. Zum Beispiel in diesen Bereichen: Waren, die auf der ganzen Welt verkauft werden, Wissen, Sprache, Glauben, Edelmetalle, Gewürze, Drogen.

Für die Kirche der Kunsthalle Osnabrück hat Candice Lin eine neue raumgreifende Installation entwickelt. Text, Skulptur, Zeichnung, Keramik und Video werden dabei gleichwertig zusammengeführt. Sie erzählt von den Auswirkungen christlicher Missionierung bis heute. [Missionierung bedeutet: Christ:innen reisten in ferne Länder. Sie wollten erreichen, dass die Menschen in diesen Ländern ihren Glauben ändern und auch Christ:innen werden.]
Candice Lin erzählt von George Psalmanazar. Er war Europäer und lebte zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Er gab vor, Ureinwohner Formosas zu sein. Formosa ist heute das Land Taiwan. George Psalmanazar schrieb Bücher über das Leben in Formosa, über die Religion und über den Alltag der Menschen dort. Aber er hatte das alles frei erfunden.
In der Installation von Candice Lin geht es auch um Yoga und QiGong. Beides sind heute Trendsportarten, die sich weiße Menschen in Europa und den USA angeeignet haben.
Außerdem berichtet Candice Lin vom Ausbruch der Pest in der Stadt Kaffa. [Die Pest ist eine sehr ansteckende und tödliche Krankheit.] Die Stadt liegt heute auf der Krim. Die Mongolen belagerten die Stadt im Jahr 1347. Einige der mongolischen Kämpfer erkrankten an der Pest. Die Toten schossen sie über die Stadtmauern von Kaffa. Damit die Menschen in der belagerten Stadt auch an der Pest sterben. Daran erinnert ein 5-meter hohes Holzkatapult, das Glitzer-Bomben in den Kirchenraum schleudert. Das Katapult setzt ein Video in Gang, in dem ein Katzen-Wesen die Besucher:innen zur gemeinsamen QiGong-Sitzung einlädt. Materialien wie Gold, Silber, Kupfer oder Opium verwandeln somit die Kunsthalle in einen verwunschenen Ort. [Opium ist eine Droge. Sie wird aus Mohn hergestellt.] Dieser verwunschene Ort verspricht Heilung, Reichtum und Macht. Die Ungleichheit von Macht in der Geschichte wird spielerisch offengelegt.

*Kolonialgeschichte bedeutet: Viele Länder in Europa dachten früher: Ihre Bewohner:innen sind mehr wert als die Bewohner:innen in anderen Ländern. Zum Beispiel in Afrika. Darum haben sie das Recht, diese Länder zu erobern, die Menschen zu unterdrücken und zu ermorden. Sie haben über die Politik in diesen Ländern bestimmt. Und sie haben viele Dinge aus diesen Ländern gestohlen. Zum Beispiel Kunst. Gewürze. Rohstoffe. [Aus Rohstoffen können andere Dinge hergestellt werden. Zum Beispiel Öl oder Holz.] Oder Drogen.
Die europäischen Länder fanden: All das ist ihr Recht. Sie können die Menschen in den Kolonien als Sklaven für sich arbeiten lassen. Sie haben die Macht über sie. Bis heute merkt man an vielen Stellen: Diese Geschichte der Unterdrückung kann man bis heute spüren. Die Macht auf der Erde ist immer noch unterschiedlich verteilt. Bis heute werden Körper mit heller und mit dunkler Haut unterschiedlich angesehen und behandelt.

Candice Lin lebt und arbeitet in Los Angeles. Im Jahr 2018 wurde sie an die Kunst-Fakultät der University of California Los Angeles berufen. Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen gehören: Ludlow, New York (2019), Portikus, Frankfurt am Main, Logan Center for the Arts, University of Chicago (beide 2018), Bétonsalon, Paris (2017) und Gasworks, London (2016). Lin war in jüngster Zeit an prominenten Gruppenausstellungen beteiligt, darunter die Made in LA Biennale (2018), die Biennale von Taipeh (2018) und die kommende Gwangju Biennale in Seoul und die Prospect 5 Biennale (beide 2021).

Mit freundlicher Unterstützung durch das Niedersächsische Ministeriums für Wissenschaft und Kultur, die Stiftung der Sparkasse Osnabrück und die Stiftung Niedersachsen.